Messung des Sitzkomforts
Auszug aus dem Vortrag von Dr.-Ing. Christian Mergl
Eine zentrale Frage in der Entwicklung neuer Sitze ist der Sitzkomfort. Entwickler
beschäftigen sich intensiv mit Möglichkeiten, den Sitzkomfort objektiv zu messen. Deshalb
sind Modelle, die einen Zusammenhang von objektiven Messgrößen und subjektiver Empfindung
herstellen und somit eine virtuelle Vorhersage des Sitzkomforts erlauben, im Fokus der
Entwickler. Mergl betrachtet die Messgrößen Haltung, Mikroklima, Schwingungen und
Druckverteilung zur Erfassung des Sitzkomforts. Er kommt zu dem Schluss, dass die
Druckverteilung zur Zeit die beste Kenngröße zur Bestimmung des Sitz(dis)komforts in der
Sitzentwicklung liefert.
Sitzkomfort
Abbildung 1: Aspekte des Sitzkomfort
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Verschiedene Messgrößen zur Erfassung des Sitzkomforts
(vgl. de Looze et al., 2003)
- Haltung
- Mikroklima
- Schwingungen
- Druckverteilung
Komfort – Diskomfort
Abbildung 2: Wo fängt der Diskomfort an? (Quelle: Zhang and Helander, 1996)
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Sitzhaltung
Abbildung 3: Parameter Sitzhaltung im Fahrzeug
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Haltung-Grundlagen
- Jedes Körpergelenk hat einen Optimalbereich
- Haltung wird durch die Konzeptentwicklung eines OEM festgelegt:
- Lenksäule mit Lenkrad
- Pedale
- Sitzreferenzpunkt mit Verstellfeld
Zusammenfassung Haltung
- Haltung ist entscheidend für guten Sitzkomfort
- Sitzentwickler kann Haltung nur begrenzt beeinflussen
-
Virtuelle Prognose ist möglich (z.B. mit Ramsis). Die Haltung kann am CAD optimiert
werden.
Abbildung 4: Zusammenfassung Haltung
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Mikroklima
Abbildung 5: Übersicht Einflussgrößen des Mikroklimas
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Aspekte Mikroklima
- Globaler thermischer Komfort
- Lokaler thermischer Komfort
- Zug
- Asymmetrische Strahlung
- Vertikaler Temperaturgradient
- Mikroklima auf dem Sitz
- Reihenfolge der Relevanz
-
Fahrzeugklimaanlage muss zuerst ein angenehmes Innenraumklima herstellen
(global und lokal)
-
Sitzkühlung muss gutes Mikroklima auf dem Sitz gewährleisten. Temperatur und
Feuchtigkeit unter den Grenzwerten, ohne Zugerscheinungen.
Zusammenfassung Mikroklima
- Bezug hat sehr großen Einfluss – wenn möglich sollte Stoff genommen werden
- Messung an Sitzprototypen möglich – Fahrzeugumgebung ist extrem wichtig
- Simulation ist sehr komplex
-
Korrelationen zwischen objektiven Messgrößen und subjektiven Empfindungen noch im
Forschungsstadium (vgl. FAT 257, 2013)
- Vergleich mit Referenzsitzen gut möglich
Abbildung 6: Klimadummy STAN
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Schwingungen
Abbildung 7: Schwingung
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Abbildung 8: Schwingungen erfassen
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Zusammenfassung Schwingungen
- Zusammenhang zum Diskomfort ist bekannt
- Messung und Simulation ist möglich (z.B. Pankoke 2013)
- Modifikationen am Sitz sind schwierig umzusetzen
- Plattformstrategien für Sitzgestelle
- Wenig verfügbarer Bauraum in Premiumsitzen
- Schaum und Bezug können nur begrenzt optimiert werden
Druckverteilung
Abbildung 9: Ergebnisse Druckverteilung (Hartung 2006)
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- Grundlagenforschung zur Objektivierung des Diskomforts
- Befragungsmethodik (Fragebogen, Body Map)
-
Bewertungen mit „0“ Diskomfort. Es sind keine Korrelationen zwischen Druckverteilung
und Diskomfort bei Seriensitzen zu finden.
Abbildung 10: Ergebnisse Druckerfassung (Mergl 2006)
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Weitere Validierung des Druckverteilungsmodells
Abbildung 11: Ergebnisse Druckerfassung (Zenk 2009)
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Abbildung 12: Messung mit Drucksensoren: Operation: zwei Drucksensoren werden in die
Bandscheiben L4-L5 und L5-S1 implantiert.
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Zusammenfassung Druckverteilung
-
Druckverteilung hat direkten Einfluss auf den Bandscheibeninnendruck; gute Druckverteilung
führt zu niedrigem Bandscheibeninnendruck.
- Sitzentwickler hat direkten Einfluss auf die Ursache des Diskomforts
-
z.B. hoher Druck unter den Sitzbeinhöckern führt zu Änderung der Schaumhärte
oder
-
Keine Unterstützung der vorderen Oberschenkel zeigt, Sitzfläche ist zu kurz/hat
zu wenig Neigung
- Diese Parameter können direkt durch den Sitzentwickler beeinflusst werden.
- Sitze können virtuell optimiert werden (vgl. Verver 2004)
-
Messung der Druckverteilung kann als End-of-Line-Prüfstand eingesetzt werden
(z.B. Mergl 2006, Pankoke 2013)
Abbildung 13: Weitere Anwendungen Druckverteilungsmodell: Automatische Sitzeinstellung (Zenk 2006)
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- Automatische Sitzeinstellung konnte umgesetzt werden
- Validierung der Einstellung war erfolgreich (Pankoke 2013)
Design
Abbildung 14: Einfluss Design (Knoll 2006)
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Was sonst noch für einen komfortablen Sitz getan werden kann
-
„Das Auge sitzt mit “ – das Gefallen hat einen Einfluss auf die Dis-Komfortbewertung
-
Gute Ergonomie kann mit gutem Design verbessert werden
Zusammenfassung
Sitzentwickler haben verschiedene Messgrößen zur Vorhersage des Sitzkomforts
- Gute Haltung muss durch Konzeptentwicklung sicher gestellt werden
-
Druckverteilung derzeit wichtigster Parameter und kann direkt durch Sitzentwickler
beeinflusst werden:
- Verstellwege der Sitzstruktur
- Kontur des Schaums
- Und hilft zur Serienüberprüfung am Produktionsband (End of Line)
- Design unterstützt die Entwicklung von komfortablen Sitzen
-
- Ergonomie-Kompetenz-Netzwerk e.V. (ECN)
- Verwaltung: Wolfgang G. Schneider
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