Evaluierungsaspekte in der Ergonomie
Auszug aus dem Vortrag von Dipl.-Ing. Hartmut Mutschler
Ein Überblick über die Evaluierungstechnik der Ergonomie zeigt praktische Probleme auf,
mit der der Empiriker zu rechnen hat. Eine typische Evaluierung reicht von der Fragestellung
über die Hypothesenbildung und Versuchsplanung bis zur Anwendung statistischer Operationen.
Einige Aspekte, die in der Praxis oft ungenügend Berücksichtigung finden oder die immer
wieder in der empirischen Forschung Probleme bereiten, werden herausgegriffen. So ist z.B.
die Operationalisierung, der Stichprobenumfang und die Effektgröße ausschlaggebend für die
Interpretation der Ergebnisse.
Empirische Studien ermöglichen die Beurteilung ergonomischer Kriterien
(empirisch = auf Erfahrung beruhend)
Abbildung 1: Klassifikationsschema empirischer Untersuchungen
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Exploration = mehr oder weniger systematisches Sammeln von Informationen über einen
Untersuchungsgegenstand, das die Formulierung von Hypothesen vorbereitet.
-
Viele Variable berücksichtigt
-
Entdeckung neuer Muster, Zusammenhänge
-
Charakter der Vorläufigkeit
Experiment = Untersuchungsanordnung, die der Überprüfung von Hypothesen dient.
Evaluation
Abbildung 2: Prozess des Untersuchungsaufbaus, Analyse und Bewertung von empirischen Studien
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Unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Methoden wird ein zuvor festgelegter Gegenstand nach
bestimmten Kriterien bewertet. Ergebnis des Evaluationsprozesses sind begründete
Interpretationen und Empfehlungen für ergonomische Produkte oder ergonomische
Arbeitsprozesse.
Operationalisierung
Abbildung 3: Variablen und ihre Ausprägungen
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Arten von Variablen
-
Abhängige Variable (AV): Variablen, deren Abhängigkeit von der unabhängigen Variablen
Gegenstand der Untersuchung ist.
-
Unabhängige Variable (UV): Ihr Einfluss auf die abhängige Variable soll untersucht
werden; sie werden vom Versuchsleiter planmäßig variiert.
-
Störvariable: Alle Variablen, die sonst noch einen Einfluss auf die abhängige Variable
haben.
-
Moderatorvariable: Eine Variable, von der abhängt, wie der Effekt von UV auf AV ausfällt.
Variablenstruktur
Abbildung 4: Variablenstruktur am Beispiel einer Studie zu Selbstinjektionen
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Unabhängige Variable (UV)
-
Geschlecht: weiblich, männlich
-
Alter: 19 – 35, 36 – 50, = 51
-
Körperfett: wenig, normal, viel
Moderatorvariable
- Bauchumfang
- Körpergewicht, –größe (BMI)
- Selbstspritzerfahrung
Störvariable
- Handkraft an Bauchfalte
- Eigenes Rollenbild
- etc.
Quantitative und qualitative Erhebungsmethoden im Vergleich
Abbildung 5: Quantitative und qualitative Erhebungsmethoden im Vergleich
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Erhebungsmethode hängt ab von:
- inhaltlicher Fragestellung
- spezifischen Merkmalen des Untersuchungsobjektes
- finanziellem, personellem Rahmen
- Qualitätsansprüchen
Quantitative Methoden
- Zählen
- Urteilen
- Messen
- Befragen
- Beobachten
Qualitative Methoden
Rating
Abbildung 6: Rating als strukturierte Variante der Befragung
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Operationalisierungsvarianten bei der Erhebung
-
Zählen, Beobachten: Häufigkeit: Wie oft tritt ein bestimmtes Verhalten auf ? Messen,
Reaktionszeit: z.B. Wann antwortet die VP auf eine Frage?, Reaktionsdauer: z.B. Wie
lange dauert das Anbringen? Reaktionsstärke: z.B. Ausdrucksverhalten
-
Urteilen, Befragen: Rating, Ranking …, Wahlreaktionen: z.B. Auswahl einer Variante
Antwortverfälschungen bei Befragungen
- Soziale Erwünschtheit
- Selbstdarstellung, Selbsttäuschung
- Hawthorne-Effekt
- Sponsorship-Bias
- Kontext-, Priming-Effekte
Beispiel für Rating: Einschätzungen von Befragten nach der Ergonomie von Rückensprühgeräten
Abbildung 7: Beispiel für ein Rating: Rückensprühgerät
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Abbildung 8: Einschätzungen von Befragten nach der Ergonomie von Rückensprühgeräten
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Aspekte/Gefahren bei Rating-Skalen
- Anzahl der Stufen Geradzahlige: 4, 6, 10 Ungeradzahlige: 5, 7
- Tendenz zur Mitte
- Ceiling- / Floor-Effekte
- Halo-Effekt
- Milde-Härte-Fehler
- Primacy-Recency-Effekt
-
- Ergonomie-Kompetenz-Netzwerk e.V. (ECN)
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- 88046 Friedrichshafen
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