Die Anzahl der Kältearbeitsplätze in Deutschland wird auf etwa 1 Mio. geschätzt. Von diesen entfallen ca. 70% auf Tätigkeiten im Freien und 30% auf Arbeitsplätze in technisch gekühlten Räumen, z.B. Warenverteilzentren von Tiefkühlkost. Ergonomische Maßnahmen verbessern die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit in der Kälte. Aus betriebstechnischen Gründen sind jedoch bauliche Veränderungen an den Kühlzentren nur eingeschränkt möglich. Um die Belastung der Beschäftigten in vertretbaren Grenzen zu halten, deren Gesundheit zu erhalten und die Effizienz am Kältearbeitsplatz zu gewährleisten, können Verbesserungen bei der Kälteschutzkleidung und angepasste Arbeitszeit-Pausenregelungen beitragen.
Wissenschaftler an der Universität Siegen im Fachgebiet Arbeitswissenschaft/Ergonomie beschäftigen sich bereits seit Jahren mit dem Thema Kältearbeitsplatz und forschen nach Maßnahmen, die für sicheres Arbeiten in der Kälte sorgen. So wurden z.B. für die Diskussion über ein sinnvolles Pausenmanagement in einem gewerblichen Tiefkühlzentrum unter realen Arbeitsbedingungen schichtbegleitende Ganztagsanalysen durchgeführt.
Umgebungstemperaturen von -18°C bis -30°C gehören zum sehr kalten Bereich (Kältebereich IV). Warenverteilzentren, die Tiefkühlkost lagern, kühlen ihre Lager auf -24°C. Frauen – mit einem Mitarbeiteranteil von über 50% – besitzen nur etwa 70% der Muskelkraft des Mannes und ihre Muskelmasse beträgt im Durchschnitt anstatt 42% nur 36% des Körpergewichtes.
In jedem Lebensalter können Männer besser Wärme bilden. Die weibliche Haut ist meist um 15% dünner als bei Männern und bietet somit eine schlechtere Isolation gegen Wärmeverluste. Zudem haben Frauen ein bei einer verhältnismäßig großen Oberfläche kleineres Körpervolumen. Ihre Fähigkeit zur Wärmebildung und Speicherung ist demnach weniger günstig.
Bei jeweils 15 männlichen und 15 weiblichen Arbeitspersonen der Altersklassen 20-35-jährige und 40-65-jährige werden in 80, 100 und 120 min langen Arbeitsphasen die arbeitsphysiologisch als wichtig erachteten Parameter „Herzschlagfrequenz“ und „Hautoberflächentemperatur“ kontinuierlich sowie der Blutdruck und die Körperkerntemperatur diskontinuierlich registriert. Zudem wird zur Kennzeichnung der Schwere der körperlichen Arbeit der Energieumsatz bestimmt.
In der Untersuchung ist somit bei 30 weiblichen und 30 männlichen Probanden im Verlauf eines Arbeitstages die Kerntemperatur gemessen worden.
Bei älteren Arbeitnehmerinnen sank die Kerntemperatur deutlich stärker als bei jüngeren.
Bei den männlichen Arbeitnehmern sank die Kerntemperatur deutlich stärker als bei den weiblichen. Die älteren Arbeitnehmer verzeichneten einen größeren Wärmeverlust als die jüngeren.
Männliche Kommissionierer weisen im sehr kalten Bereich mit höherem Alter eine stärkere Beanspruchung des Herz-Kreislaufsystems, eine empfindliche Abnahme der Körperkerntemperatur und ein erhebliches Absinken der Hautoberflächentemperaturen an den Extremitäten auf. Bei den Frauen sind es die jüngeren Frauen, die am Kältearbeitsplatz stärker belastet sind als die älteren Arbeitnehmerinnen.
Die Zielsetzung des Forschungsvorhabens besteht darin, Vorgaben für eine bestmögliche Gestaltung von Kältearbeit zu entwickeln und vorhandene Rahmenbedingungen so auf die besondere Problemlage von Kältearbeit abzustimmen, dass bei jedem Kältearbeitnehmer für präventiven Arbeitsschutz gesorgt und letztlich auch die Arbeitsprozess-Effizienz gesteigert wird.
128 professionelle Kommissionierer aus 24 gewerblichen Tiefkühlzentren sind befragt worden zu Nutzungshäufigkeit, dem Behinderungsgrad, dem Kälteschutz, dem Komfort und der Schweißabsonderung.