...In glücklichen Träumen schwebt und fliegt der Mensch. Das menschliche Leben beginnt im Fruchtwasser, sorg- und scheinbar schwerelos, wenngleich nicht komplett schwerelos. Ein Leben lang sehnt sich der Mensch in diesen Zustand zurück. Ein Glückszustand jedoch, der, zum Dauerzustand mutiert, zur Belastung wird.
Die Raumfahrt macht diesen Alptraum in der radikalsten Form erfahrbar. Die Aufhebung der Schwerkraft lässt Muskeln und Knochen verkümmern. Der Kreislauf, als Kette von Saug-und Pumpvorrichtungen gegen die Schwerkraft angelegt, degeneriert. Das Gleichgewichtsorgan stellt sich als Mittel heraus, das nicht nur die Haltung ordnet, sondern auch das Denken. Ein Leben ohne die Erfahrung von Schwerkraft und Balance führt zu einer unvorstellbaren Unordnung.
Die Geschichte der Weltraumfahrt ist auch eine Geschichte der Vertuschung unvorstellbarer physiologischer und menschlicher Katastrophen. Der Weltraum erweist sich als Ort radikaler Lebensfeindlichkeit, doch der Traum vom himmlischen Paradies ist offensichtlich resistent gegen die Erfahrung...
Physiologische und psychologische Probleme der westlichen Welt hängen u.a. damit zusammen, dass bei unserer sitzenden Lebensform die Biomechanik des Abstützens zu statisch ist und überhand nimmt.
Was soll das heißen? Unbestritten ist für den menschlichen Körper das Sitzen auf einem Stuhl unpassend. Im Sitzen reduziert sich die Schwerkraft auf die taktilen Erfahrungen an Oberschenkeln und Gesäß, und auf eine relativ hohe Tonisierung der Streckmuskulatur, die den sitzenden Körper solange reflexartig aufrecht hält, bis er in sich zusammenfällt und sich am Tisch und Stuhl lümmelt...
Das Ziel der Ergonomie ist ein besseres Leben...
Das ergonomische Paradies ist die DIN-Norm, die zwischen den Extremen einen Raum schafft, ein „abgesichertes“ Intervall der Menschengerechtigkeit. Belastungsabwehr schafft nach dieser Auffassung Komfort. Tatsächlich schafft man oft einen Ort der lauen Empfindungslosigkeit, einen Ort ohne Kontraste und körperliche Erfahrungen....
Man reduziere die Muskelarbeit und die Bewegungen. Das ist die Botschaft mancher Ergonomen. So wird ein „menschengerechter“ Arbeitsplatz heute organisiert: Als gut gilt eine Arbeit im Sitzen, dabei ist Sitzen doch Schwerstarbeit...
Und wie geht man auch mit dem menschlichen Körper und seinem Bewegungdrang um? Bewegungserfahrungen werden vermieden. Bewegung ist Energieverbrauch und somit nicht effizient. Energieverbrauch belastet den Kreislauf und macht müde. Also spart man in der Industrie Bewegung und Energie, und man spart so auch Platz....
Die Leitvorstellung für eine angeblich gute Körperhaltung beim Sitzen ist der rechte Winkel — und zwar im Knie, in der Hüfte und im Ellenbogen. Die Füße sind ein Körperteil, das man auf dem Boden bzw. unter dem Tisch abstellt. Das Leben auf dem Bürostuhl findet lediglich oberhalb der Gürtellinie statt, es besteht aus einer vorderen, hinteren und mittleren Sitzhaltung. Das neue „dynamische“ Sitzen wird als Wechsel zwischen diesen drei Haltungen beschrieben. Unterhalb der Gürtellinie befinden sich die Druckstellen...
Ergonomische Gestaltungspraxis macht also die Schwerkraft zum Feind des Menschen. Man arbeitet nicht mit ihr, man arbeitet gegen sie. Die Erfahrung von Gravitation ermüdet, und das hält man für störend....
Und die Bequemlichkeit?
Der Begriff der Bequemlichkeit ist nicht nur dehnbar, er ist schlechthin undefinierbar. Nichtsdestoweniger ist „bequem sitzen“ der Inbegriff des Wohlbehagens. Also vergessen wir das am besten ganz schnell! Und setzen uns wieder...
Wir brauchen also eine gesellschaft- und normgerechte
Die Ergonomie (altgriech. ergon, „Arbeit“, „Werk“ und nomos, „Regel“, „Gesetz“) ist die Wissenschaft von der Gesetzmäßigkeit menschlicher bzw. automatisierter Arbeit (erste Verwendung 1857, Wojciech Jastrzębowski). Diese Definition haben wir seit ca. 150 Jahren.
Ziel der Ergonomie ist es, die Arbeitsbedingungen, den Arbeitsablauf, die Anordnung der zu greifenden Gegenstände (Werkstück oder Werkzeug) räumlich und zeitlich optimiert anzuordnen sowie die Arbeitsgeräte für eine Aufgabe so zu optimieren, dass das Arbeitsergebnis optimal wird und die arbeitenden Menschen möglichst wenig bzw. nicht ermüden oder gar geschädigt werden, auch wenn sie die Arbeit über Jahre hinweg ausüben.
Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Benutzerfreundlichkeit, also der Verbesserung des Arbeitsplatzes, der Arbeitsorganisation und auch der Mensch-Maschine-Schnittstelle.
Ein Ziel der Ergonomie ist es somit, handhabbare und komfortabel zu nutzende Produkte herzustellen.
Für uns gilt daher: Nicht das Erzählte reicht, nur das Erreichte zählt!