Zum derzeit benutzten Gesichtsschutz in der forstlichen Praxis konnten im Rahmen ergonomischer Studien an der HAWK (Fakultät Ressourcenmanagement) neue Erkenntnisse für eine höhere Sicherheit gewonnen werden. Prof. Dr. Friedbert Bombosch und Dipl. Ing. FH Holger Sturhan konnten unter Einbezug einer Bachelorarbeit (Christian Wachsmuth) die Sicherheit von Gesichtsschutz konkretisieren.
Das Team an der HAWK vertiefte das Studium um die geltenden Normen und die Unfallsituation im Gesichtsbereich. Persönlicher Kontakt zu maßgeblichen Herstellern und Vertreibern von Arbeitsschutzmitteln wurde aufgenommen und ermöglichte die Experimente in dieser Form. An dieser Stelle sei allen Partnern für die offene Diskussion und die Bereitstellung von Testmustern gedankt.
Primär geht es beim Gesichtsschutz um die Verhinderung von Verletzungen am Sinnesorgan Auge. Aber auch Gesicht, Nase, Jochbein, Mund- und Weichteile sollen vor Verletzungen geschützt werden.
Während der Waldarbeit, aber auch im Garten- und Landschaftsbau sowie in der Baumpflege wird mit Betriebsmitteln gearbeitet, bei denen Sägespäne, Holzsplitter, Äste unter Spannung, herumfliegende Holzstücke, zurückschlagendes Holz sowie umherfliegende Steine und Erde auf das Gesicht treffen können. Arbeiten mit Motorsägen, Freischneidern aber auch Mobilhackern sind dabei häufig die Auslöser.
Für die entsprechenden Bauteile des Kopfschutzes gelten eine ganze Reihe von Normen (s. Abb. oben), die im Fall des Gesichtsschutzes nachfolgende Kriterien fordern, siehe Abb. unten.
Unterschieden wird zwischen erhöhter Festigkeit und Schutz gegen Teilchen mit hoher Geschwindigkeit. Die Kennzeichnungen B und A werden maßgeblich bei Sicherheitsbrillen und Polycarbonat Scheiben angewandt, während Gesichtsschutzvisiere in der Kennzeichnung S und F vertrieben werden.
Bei den Beschussversuchen können Schwachstellen zu Tage treten:
Die Informationen aus der Unfallstatistik der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) zeigen, dass bei den verletzten Körperteilen im Gartenbau der Kopf an zweiter Stelle steht, beim Forstbereich an dritter Stelle.
Um die Gefährdungen des Kopfbereiches genauer identifizieren zu können, wurde das Datenmaterial noch einmal diesbezüglich stratifiziert. Mit insgesamt 2674 registrierten Unfällen in den beiden Berufsgruppen, ergeben sich täglich ca. 10 Unfälle: hier ist aus Sicht der Autoren Handlungsbedarf.
Viele Unfälle sind direkt, aber auch indirekt mit dem Gesichtsschutzgitter in Zusammenhang zu bringen. Mehr als 50 % der betroffenen Waldarbeiter z.B. fühlen sich bei der Arbeit (Holzernte) durch das Visier stark beeinträchtigt. Dies verwundert nicht, da über 80 % unserer bewussten Sinneseindrücke der Sehsinn unserer Augen liefert! Im Arbeitsbereich des Forstwirtes haben wir von diffusen Sichtverhältnissen (Nebel, Regen) bis hin zu Kaiserwetter (Sonne /Schatten/Kontraste) alle Übergänge bei gefährlicher Schwerstarbeit. Das Sinnesorgan AUGE ist bis an seine Grenzen gefordert!
Die Spannbreite der Lichtreduzierungen liegt bei allen Visieren innerhalb des geforderten Rahmens der DIN. Es ist aber nicht auszuschließen, bzw. zu vermuten, dass die Lichtreduzierungen im ohnehin schwierigen Gelände bei der Waldarbeit auch einen maßgeblichen Beitrag zu Stolperunfällen liefert, die sich in den hohen Unfallzahlen bei den Forstarbeitern im Bereich Arme/Hand und Beine/Fuß niederschlagen.
Die DIN 1731 schreibt für das Gesichtsschutzgitter vor, dass ein Lichttransmissionsgrad von > 20 % eingehalten werden muss.
Mit Hilfe des Gossen Mastersix mit Profispot (Abb. oben) wurden die Lichtreduzierungen durch die verschiedenen Visiertypen vorgenommen. Mit einem „Blickwinkel“ von 10 ° wurde im Augenabstand zum Visier die Beleuchtungsstärke in cd/m2 gemessen und dem ungehinderten Blick in Relation gestellt.
Die Auftreffenergien von 1,5 wurden stufenweise bis 10 Joule gesteigert, um bei der Auswahl an Visieren diejenigen herauszufiltern, die bei hohem Lichttransmissionsgrad auch einem hoch energetischen Beschuss standhalten.
Im Rahmen der Bachelorarbeit von Chr. Wachsmuth (2015) wurden normgerechte Beschussversuche nach Kennzeichnung „S“ durchgeführt. Aufgrund der Verletzungen wurden hier auch Versuche mit Energien vorgenommen, die über die Norm hinausgehen. Da die Äste eine maßgebliche Rolle bei den Ursachen spielen, wurde auch ein Prüfstand gebaut, bei dem eine Astattrappe mit definierten Energien auf die Visiere schlägt.
Bei den Versuchen stellte sich heraus, dass die Bauweise, speziell der Rahmen des Visiers, eine Rolle für den Gesichtsschutz spielt
Alle Visiere mit der Kennzeichnung „S“ haben bestanden. Alle grün markierten Beschüsse haben keinen Abdruck auf der Prüffolie hinterlassen und die auftreffende Energie aufgehalten. Alle Visiere haben weder Spalt- noch Rissbildungen erlitten, noch war ein Versagen der Halterung oder des Tragkörpers festzustellen. Die gelb – orange – rot- Felder markieren die Intensität des Durchschlags, sind nach DIN jedoch durchgefallen. Interessant erscheint, dass die Polyamidvisiere, die kostengünstig sind und deshalb häufig zur Anwendung kommen, höheren Belastungen weniger standhalten und zusätzlich hohe Lichtverluste aufweisen. Auch ist im höheren Belastungsbereich ein Polycarbonatvisier ausgeschieden.
Vordergründig werden die Bereiche Schutzwirkung und Lichtverlust am besten durch ein Polycarbonat Visier abgedeckt. Trotz Kratzfestigkeit (außen) und Beschlagfreiheit (innen) scheidet diese Variante jedoch weitgehend für den Forstbereich aus:
Aus den verbleibenden Visieren wurden nun diejenigen ausgewählt, die aufgrund ihres eher geringen Lichtverlustes und stabiler Rahmenkonstruktion auffielen, um sie mit Zaun- bzw. Schweißdraht zu verstärken. Ein vom Autor und UVEX entwickeltes Visier mit Polycarbonatscheibe sowie eine Hasendraht Version kamen hinzu (Abb. 9) Diese Visiere wurden erneut dem Beschuss von 10 Joule unterzogen.
Prototypen für erhöhten Beschuss. Auch hier sind alle Visiere, da es einen sichtbaren Durchschlag gab, durchgefallen.
Nachdem aber ein Vertikalsteg zwischen Mitteldraht von Nase bis Kinn in die Visiere zusätzlich eingebaut wurde, zeigte sich eine deutliche Verbesserung.
An dieser Stelle erscheint es jedoch erwähnenswert, dass diese Energien maßgeblich vom Material der Visierkonstruktion vernichtet werden sollen, was durch eine Arretierung des Kapselgehörschutzes in Tragestellung unterstützt wird, da die Kräfte nicht mit voller Wucht bis auf die Wirbelsäule (Nacken) durchschlagen.